In Deutschland ist seit etwa 1780 zu sehen, wie Protagonisten der Aufklärung ihre politisch orientierte Netzwerkarbeit aufgeben und sich stattdessen der Unterhaltung und neuen Konsumkultur zuwenden. Die vorliegende Publikation untersucht in vier Einzelstudien diesen Umbruch und seine Folgen bis in die dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts. Ins Blickfeld geraten Kalküle für den Markt, Geselligkeiten und Netzwerkaktivitäten von Verlegern, Publizisten und Schriftstellern in Berlin, Halle/Saale, Leipzig und Dresden. Publikationsformate korrelieren hier mit dem zeitgenössischen Interesse an Wahrnehmungsfragen. Es entsteht dabei ein neuer Kulturtypus, der für die Unterhaltung arbeitet. Mit ihm verändert sich die gesellschaftliche Stellung auch von literarischer Unterhaltung auf Dauer.
Anna Ananieva / Dorothea Böck / Hedwig Pompe
Auf der Schwelle zur Moderne:
Szenarien von Unterhaltung zwischen 1780 und 1840
Vier Fallstudien
2015
ISBN 978-3-89528-933-0
2 Bde., zus. 1.106 Seiten, zahlr. Abb.
gebunden
Leseprobe: 9783895289330.pdf
[...] [D]ie Studien erreichen [...] aufgrund der Repräsentativität ihrer ausgewählten Gegenstände und wegen der Nutzung und umfangreichen Publikation von Verlagskorrespondenz den Rang eines Grundlagenwerkes. Die Abhandlungen kommen nicht nur einer zukünftigen Geschichte der Unterhaltung zugute, sondern können gewinnbringend von der Literaturwissenschaft für weitere Forschungen über die Aufklärung, den Einfluss der Freimaurerei auf Literatur und Kultur sowie zum literarischen und geselligen Leben zwischen 1780 und 1840 genutzt werden. [...]
Jelko Peters in „literaturkritik.de“ (Dezember 2015)
Zur vollständigen Rezension: http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=21349
2011 hatten die drei Autorinnen einen sehr lesenswerten und neue Forschungsfelder eröffnenden Sammelband mit dem Thema Geselliges Vergnügen. Kulturelle Praktiken von Unterhaltung im langen 19. Jahrhundert herausgegeben, der in 15 Beiträgen aus literatur- wie kulturwissenschaftlicher Sicht Formen, Räume und Szenarien von literarischen und nichtliterarischen Unterhaltungskonzepten und -praktiken nachging. Nun folgen in zwei opulenten Bänden vier ausführliche Fallstudien zur Herausbildung medien- und konsumbasierter Zerstreuung im Übergang von der Spätaufklärung zur Moderne. Die Studien stellen die Ergebnisse des DFG-Projekts Von der Aufklärung zur Unterhaltung: Literarische und mediale Transformationen in Deutschland zwischen 1780 und 1840 dar. [...] Im Zusammenklang der vier voneinander unabhängigen, erfreulich materialreichen Studien, die durchaus auch Widersprüchliches zu Tage fördern, ist das Ziel der Autorinnen, die Vorgeschichte der Massenunterhaltung zu klären, erreicht. Es handelt sich um einen erfrischend neuen Blick auf bekannte Protagonisten der Aufklärung wie auch des Vormärz und der Romantik. Die tiefen Schichten der publizistisch-literarischen Unterhaltung, auf denen später die kommerzielle Konsumindustrie aufbaut, werden stark quellenorientiert freigelegt.
Ute Schneider in „Zeitschrift für Germanistik“ (2-2017)
[...] Wie bereits eingangs herausgestellt, handelt es sich bei dieser mehr als 1.100 Seiten umfassenden Untersuchung um ein in hohem Maße herausragendes Unterfangen, das sich neben akribischer Quellenarbeit vor allem dadurch auszeichnet, vielseitige Einzelaspekte und Akteure des behandelten Themenkomplexes zu beleuchten. Von daher werden die beiden Bände auch für zahlreiche weiterführende Einzelstudien von großem literaturgeschichtlichem Wert sein. [...]
Patricia Czezior in „Jahrbuch Forum Vormärz Forschung 2016“
Im Zentrum dieses anregenden Bandes steht eine Entwicklung seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, die Hedwig Pompe einleitend als Siegeszug der Unterhaltung beschreibt. [...] Zum Zweck künftiger Debatten bietet der Band viel, nämlich vier den Umfang eigener Monographien annehmende kommunikationsgeschichtlich bedeutende, empirisch basierte Fallstudien, in denen exemplarisch und von verschiedenen Seiten mit diesem Siegeszug der Unterhaltung eine in der Tat für die Entwicklung des Medien- und Kommunikationssystems wichtige Entwicklung im Presse- und Verlagswesen thematisiert wird. [...]
Holger Böning in „Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte“ (2017)