Der Lyriker, Erzähler und Essayist Oskar Loerke war als Lektor des Berliner S. Fischer Verlags Ratgeber und literarisches Gewissen einer ganzen Schriftstellergeneration. Seine Freundschaft zu Gerhart Hauptmann ragte weit darüber hinaus. Sie wurde von einer tiefen Verehrung getragen, die zumal den nachnaturalistischen Werken des großen Dramatikers galt, und bezog anfangs auch dessen junge Frau Margarete ein, mit der Loerke bei seinen Besuchen im Haus Wiesenstein musizierte. Als gewandte Briefschreiberin hat Margarete bis in die zwanziger Jahre hinein entscheidenden Anteil an der Kontinuität des Briefwechsels, der mit dem 50. Geburtstag Hauptmanns 1912 einsetzt und bis zum Tode Loerkes 1941 anhält.
Zu den Hauptthemen der Korrespondenz gehören das Werk Hauptmanns, das Schicksal des gemeinsamen Freundes Moritz Heimann, die Aufgaben der Sektion für Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste, der Loerke bis 1933 als Sekretär angehörte, und in eher verdeckter Form die politische Entwicklung der Folgejahre, auf die Loerke mit einem schweren Herzleiden reagiert. Noch auf dem Krankenbett liest Loerke – ein Vertrauensbeweis Hauptmanns – das Manuskript des Fragment gebliebenen Winckelmann-Romans.
Die hier veröffentlichten 124 Korrespondenzstücke entstammen drei verschiedenen Sammlungen in Berlin und Marbach a.N. Transkription und Beschreibung der Handschriften sowie große Teile des Kommentars wurden im Sommersemester 2005 von Studierenden der Editions- und Literaturwissenschaft am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie der FU Berlin erarbeitet. Der umfangreiche Einleitungs-Essay stammt von Peter Sprengel, der auch die Redaktion übernahm.
Gerhart und Margarete Hauptmann / Oskar Loerke
Briefwechsel
Hrsg. von Peter Sprengel
in Verbindung mit Studierenden der Freien Universität Berlin
2006
ISBN 978-3-89528-552-3
280 Seiten, 7 Abb.
gebunden
Peter Sprengel, Professor für Neuere deutsche Literatur an der FU Berlin, ist Herausgeber der Tagebücher Hauptmanns und Verfasser einer zweibändigen Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1870-1918. Im Aisthesis Verlag erschien 1999 seine Monographie „Von Luther zu Bismarck. Kulturkampf und nationale Identität“.
[...] Es ist ein leiser Briefwechsel, der ruhig dahinfließt: selbst in wilden, verwilderten Zeiten, weil er von Anfang an seinen freundschaftlichen Grundton gefunden hat und die eindeutige Hierarchie zwischen dem berühmten „Meister“ auf der einen und dem treuen Diener auf der anderen Seite vom ersten bis zum letzten Brief bestimmend bleibt. [...] Oskar Loerke hätte Gerhart Hauptmann zu seinen wahren Freunden gezählt. Der Briefwechsel läßt daran keinen Zweifel. [...] er nährt die Hoffnung, dass an deutschen Universitäten, in Projekten wie dem vorliegenden, dem Dichter und Menschen Oskar Loerke künftig mehr Forschungsinteresse entgegengebracht wird als bisher.
Joachim Seng in „literaturkritik.de“ (Juni 2006)
Vollständig unter: http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=9559
[...] Der Herausgeber Peter Sprengel [...] bietet in der Einleitung eine umfassende Würdigung dieser von Gegensätzen geprägten Freundschaft [...]. Der Essay [...] erweist sich als exemplarischer Beitrag zur Psychologie von Dichterfreundschaften [...], eine brillante Dekonstruktion. [...] Herausgeber und Mitarbeiter haben mit dieser Edition einen Maßstab gesetzt, der für zukünftige Ausgaben [...] das Mindestmaß sein sollte.
Bernhard Tempel in „Zeitschrift für Germanistik“ (1/2007)
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