Gegenstand der vorliegenden Studie sind ausgewählte Texte der Schweizer Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach (1908-1942), in denen sie ihre Erfahrungen im Orient und in Afrika thematisiert. Ausgehend vom Konzept der ‚imaginären Weltkarte‘ werden die Erscheinungsweisen und Funktionen mythischer Diskurse untersucht, auf die in der raumzeitlichen Gestaltung von Reisen zurückgegriffen wird. Aus dieser textorientierten Perspektive, die sich grundlegend von der lange vorherrschenden biografischen Lesart der Texte Schwarzenbachs unterscheidet, und durch die Berücksichtigung bisher unveröffentlichter bzw. unbeachteter Texte trägt diese Studie nachhaltig dazu bei, Forschungslücken zum reiseliterarischen Werk Annemarie Schwarzenbachs zu schließen.
Sofie Decock
Papierfähnchen auf einer imaginären Weltkarte
Mythische Topo- und Tempografien in den Asien- und Afrikaschriften Annemarie Schwarzenbachs
2010
ISBN 978-3-89528-794-7
333 Seiten
kartoniert
Sofie Decock ist Research Fellow der Belgian American Educational Foundation am German Department der Georgetown University. Ab Januar 2011 ist sie als Postdoktorandin des Besonderen Forschungsfonds an der Universität Gent tätig. Sie war Bundesstipendiatin an der Universität Basel (2004-2005) und Doktorandin beim Fonds für Wissenschaftliche Forschung Flandern an der Universität Gent (2005-2009). Aus ihrem Dissertationsprojekt zur Reiseliteratur Annemarie Schwarzenbachs sind der Kongress und Sammelband inside out. Textorientierte Erkundungen des Werks von Annemarie Schwarzenbach (Hg. mit Uta Schaffers, Aisthesis Verlag 2008), mehrere Konferenzbeiträge und Artikel sowie die vorliegende Studie hervorgegangen.
Leseprobe: 9783895287947.pdf
[...] Decocks ganz besonderes Verdienst liegt meines Erachtens darin, dass sie „erstmals die späten Afrikatexte für eine Bewertung der Entwicklung“ von Schwarzenbachs reiseliterarischem Schreiben (310) in ihre Untersuchung einbezogen hat und zu überraschenden Erkenntnissen kommt: In Schwarzenbachs Spätwerk zeigt sich eine rückwärtsgewandte Tendenz, die darin besteht, idealtypische mythisch-narrative Muster des Heimkehrens und koloniale Akte der Kulturgründung zu bestätigen sowie das Patriarchale erneut zur Norm zu erheben (310f.). Sofie Decock – die sich bereits in zahlreichen Artikeln und der Herausgabe des Tagungsbandes „inside out“ (2008 zusammen mit Uta Schaffers) Schwarzenbach gewidmet hat – konnte ihren hohen Anspruch […], neue Wege“ zu Annemarie Schwarzenbach [zu] erkunde[n]“ (15) – zweifellos erfüllen. Außerdem hat sie gezeigt, zu welch erstaunlichen Ergebnissen man gelangt, wenn auch die Afrikatexte Schwarzenbachs in die Untersuchung miteinbezogen werden, die eine bisher unbeachtete Facette des Werkes der Autorin zeigen. Man kann hoffen, dass dieser sehr gelungene Ansatz aufgegriffen und zukünftig mehr zu den Afrikaschriften Schwarzenbachs geforscht wird – wobei natürlich das Verfügbarmachen der entsprechenden Texte durch Neu- und Erstveröffentlichungen Voraussetzung wäre.
Kira Schmidt in „Acta Germanica. German Studies in Africa“ (2010)
[...] „Papierfähnchen“ demonstrates Decock's expertise on the intertextuality in Schwarzenbach's writing as well as on Schwarzenbach scholarship. [...] Any scholar working on Schwarzenbach, or interested in a comtopographically will benefit by reading Decock's study, the details of which cover an expansive breath and depth of Schwarzenbach's oeuvre.
Beth Muellner in „German Quarterly Book Reviews“ (Fall 2011)
[…] Die Decodierung von mythischen und symbolischen Chiffren in Schwarzenbergs Reiseschriften wird von der Verfasserin akribisch durchgeführt. […] Dank der radikalen Fokussierung auf die Texte Schwarzenbergs öffnet die vorliegende Studie der Forschung neue Wege.
Nadia Centorbi in „Germanistik“ (2011, Heft 1-2)
[…] Die Werke der Schweizer Journalistin, Fotografin und Reiseautorin, die in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zahlreiche Fahrten nach Vorderasien, Indien und Afrika und den sogenannten Orient unternahm, sind erst vor etwa zwanzig Jahren neu entdeckt und vor ca. zehn Jahren wissenschaftlich untersucht worden, u.a. von Alfred Opitz und Walter Fähnders. Decocks umfangreiche Publikation stellt einen neuen Beitrag in dieser Reihe dar. […] Lobend ist zu erwähnen, dass Decock in den autobiographischen Texten zwischen der schreibenden Ich-Figur und Schwarzenbach als historisch Reisender unterscheidet; ein Aspekt, der häufig in der Reiseliteraturforschung unbeachtet bleibt. Diese Arbeit hat durch genaues Lesen und sorgfältige Forschung umfangreiche Substanz erhalten. Decock hat durch ihre genaue Interpretation nicht nur ungemein viele Bedeutungen den Texten Schwarzenbachs entnommen, sondern auch durch das Hinzuziehen vieler Quellen zur Textanalyse beigetragen. Sie hat mit den Konzepten der Topo- und Tempografien in Schwarzenbachs nicht leicht zugänglichen Texten einen neuen methodischen Ansatz aufgezeigt. […]
Ulrike Brisson in „Women in German“ (Summer 2012)