Richard Wagner (1813-1883) quälte sich zwanzig Jahre lang, noch kurz vor seinem Tod, mit der Konzeption der Frauengestalt ‚Kundry‘ in seinem Opus ultimum Parsifal. In Kundry fokussiert sich Wagners verblendete Vorstellung von der hysterischen, jüdischen und mythischen Frau.
Jacques Offenbach (1819-1880) beschäftigte sich zur selben Zeit, ebenfalls in seinem Opus ultimum, mit dem Frauenbild seiner Zeit. Musikalisch zeichnet er die Figur der ‚Stella‘ in Hoffmanns Erzählungen als seelenlose, ehrgeizige, kurtisanenhafte Frau und entlarvt damit eine zentrale Projektion der bürgerlichen Gesellschaft.
Die musikwissenschaftliche Analyse weist nach, daß in ‚Kundry‘ und ‚Stella‘ zwei grundverschiedene musikdramatische Positionen gipfeln. Zugleich werden die Frauenbilder der beiden Komponisten und ihrer Zeit neu bestimmt.
Anna-Christine Brade
Kundry und Stella
Offenbach contra Wagner
1997
160 Seiten
kartoniert
ISBN 3-89528-168-9
Anna-Christine Brade, Jahrgang 1944, Dr. phil., studierte Musikwissenschaft, Musikethnologie und Geschichtswissenschaft in Berlin und Göttingen. 1972-1976 arbeitete sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Göttinger Johann-Sebastian-Bach-Institut. Seit 1980 vertritt sie am Oberstufenkolleg der Universität Bielefeld das Fach Musikwissenschaft. Schwerpunkte ihrer Veröffentlichungen sind die Musik in der NS-Zeit, Komponistinnen im 20. Jahrhundert, Synkretismus in der Musik Südamerikas.