„Männerarbeit zu tun hat sie sich nie erdreistet“ (Heinrich von Treitschke, 1889). „Und Bettina war eine reine ‚Gefühlspolitikerin‘ “ (Karl Hans Strobl, 1926). „Im gewöhnlichen Sinn des Wortes versteht Bettina nichts von Politik“ (Hilde Wyss, 1935).
Die Liste derartiger Urteile ließe sich beinah beliebig verlängern; sie haben unterschiedliche Gründe. Unter anderem Familieninteressen in Übereinstimmung mit feudalen Positionen in der preußisch-deutschen Geschichtsschreibung führten dazu, daß das Politische im Werk dieser Schriftstellerin heruntergespielt wurde. Ein anderer Grund ist die Rolle, die der Frau in unserer Zivilisation zugewiesen wurde – erst recht, wenn es sich um eine Frau handelt, die die bestehenden Verhältnisse änderungswürdig fand.
Ursula Püschel hat Pionierarbeit geleistet dafür, daß politische Aspekte des Werks von Bettina von Arnim von der Forschung untersucht und von der Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen wurden. Ihr Anliegen ist es, nicht nur das politische Engagement Bettina von Arnims, sondern auch ihre politische Kompetenz darzulegen.
Das Werk dieser Schriftstellerin ist in allen Fällen auch politisch. In den hier vorgelegten Aufsätzen geht es jedoch um direkt politisch Vorgänge, in die sich Bettina von Arnim eingemischt hat. Im europäischen Sturmjahr 1848 war Polen ein Prisma politischer Positionen – es ist das Feld, an dem sich die Kompetenz Bettina von Arnims – die für ein unabhängiges Polen eintrat – am eindeutigsten zeigt. Es ist bewundernswert, daß sie sich nicht mit den Niederlagen abfand, sondern daß ihr Rat angesichts der nationalistisch-chauvinistischen Tendenzen, die schließlich zu zwei Weltkriegen führten, Völkerverbrüderung ist.
Ursula Püschel
Bettina von Arnim – politisch
Erkundungen, Entdeckungen, Erkenntnisse
2005
ISBN 978-3-89528-482-3
308 Seiten
kartoniert
Ursula Püschel, Dr. phil., studierte Germanistik in Berlin/DDR. Kritische und essayistische Arbeiten über deutsche Gegenwartsliteratur, arabische und afrikanische Literatur und zum Theater. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Bettina von Arnim; die erste, 1954, wies Bettina als Autorin der ‚Polenbroschüre‘ nach. Im Aisthesis Verlag veröffentlichte sie 2001 den Briefwechsel zwischen Bettina von Arnim und Friedrich Wilhelm IV.
Ursula Püschels Entdeckung der politischen Bettina von Arnim: Eine kleine literarische und historische Sensation, informativ und spannend zu lesen.
Sabine Neubert in „Neues Deutschland“ (15.08.2005)
[...] Anyone picking up this volume will discover rich writings on an improtant political and literary writer of the nineteenth century.
Lorely French in „German Studies Review“ (29/3, 2006)
[…] Es ist Ursula Püschel im Verlauf ihrer langjährigen Beschäftigung mit Bettina von Arnim immer darum gegangen, den Zusammenhang zwischen Schreiben und politischem Handeln nicht als Widerspruch zu begreifen. […] Noch stärker als in ihren früheren Büchern arbeitet die Verfasserin in ihrem neuen Buch dem vermeintlichen Widerspruch im Werk von Arnims entgegen. […] Als Leser wünscht man sich, dass sie ihre äußerst vorsichtig formulierte Ankündigung, eine weitere Arbeit „über die Liebe, diese alles umfassende Lebensäußerung der Bettina von Arnim“ (S. 11) doch noch folgen zu lassen, einlösen möge. Für die Bettina von Arnim-Forschung wäre dies dringend erforderlich.
Dörte Richter in „Zeitschrift für Germanistik“ (1/2007)