Komik und Geschichtserfahrung – in Alfred Döblins Exiltrilogie November 1918. Eine deutsche Revolution beschreibt dieses Begriffspaar, das auf den ersten Blick durchaus widersprüchlich erscheint, einen bislang unerkannten Signifkanzbereich. Mit der deutschen Revolution der Jahre 1918/19 wird ein historisches Geschehen nicht nur zum Gegenstand einer tragisch-pathetischen, sondern in weiten Teilen auch einer komisierenden erzählerischen Darstellung: Döblin rückt geschichtliche Abläufe und Geschichtserfahrungen in ein ‚komisches Licht‘, das scheinbar unerhebliche Aspekte des historischen Geschehens präsentiert. Die Technik der Komik ist alt – neu ist bei Döblin die selbstbewußte Kombination mit unmittelbarem Pathos und die Sinnkomplexion durch Kierkegaardsche Denkfiguren. Besondere Bedeutung gewinnt das Komische auch unter dem Aspekt seiner biographischen Situationsbezogenheit. Denn November 1918 entstand in einer Phase des 20. Jahrhunderts, in der katastrophale Geschehnisse die vermeintliche Kontinuität der Zivilisationsgeschichte vernichtend durchbrachen, was einen neuen Umgang mit leidvoller Faktizität erforderlich machte.
Meike Mattick
Komik und Geschichtserfahrung
Alfred Döblins komisierendes Erzählen in November 1918. Eine deutsche Revolution
2003
300 Seiten
kartoniert
ISBN 3-89528-422-X
Meike Mattick, geb. 1972, studierte Germanistik, Geschichts- und Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg (1992-1997). Als Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Walter-A.-Berendsohn-Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur in Hamburg war sie bis 2002 u.a. als Lehrbeauftragte im Fachbereich Neuere deutsche Literatur tätig. Zur Zeit lebt sie als freie Mitarbeiterin eines Medienservices in der Nähe von Bremen.