vergriffen!
In einer Kulturgeschichte der Literatur sind literarische Texte, abgesehen von ihrer immanenten Aussage, auch Signale ihrer Funktionalisierung in einem größeren historischen, politischen und sozialen Zusammenhang. Das gilt besonders für die deutsche Literatur, weil die immer wieder problematische nationale Identität auf kulturellem Wege gesucht und bestätigt wurde, mit Hilfe einprägsamer verbaler und bildlicher Muster, an denen man sich in Zeiten der Verunsicherung orientieren konnte.
Gedacht als kritische Wegmarken, die zum Nachdenken über die Bildlichkeit der Sprache und des sprachlich vermittelten kollektiven Denkens anregen, sollen die hier vorgelegten „Denkbilder“ einige Stationen dieser kulturellen Identitätsbildung vom Hermannsdenkmal im ersten bis zu Bildern der Ausgrenzung im letzten Kapitel festhalten.
Weil auch kulturkritische Wahrheitsfindung eine Frage der Perspektive ist, verspricht der hier versuchte interkulturelle Blickwechsel – aus dem amerikanisch verfremdeten deutschen Blickwinkel des Autors, der 40 Jahre an der University of California in Berkeley deutsche Literatur und Kultur gelehrt hat – neue Einsichten in die Vermittlung des fremd gewordenen Eigenen und des vertraut gewordenen Fremden.
Hinrich C. Seeba
Denkbilder
Detmolder Vorträge zur Kulturgeschichte der Literatur
2011
ISBN 978-3-89528-867-8
364 Seiten
kartoniert
Hinrich C. Seeba (geb. 1940 in Hannover) hat Germanistik, Gräzistik und Philosophie in Göttingen, Zürich und vor allem in Tübingen studiert, hier Staatsexamen (1966) und Promotion (1967). Von 1968 bis 2008 war er Professor of German an der University of California at Berkeley, 1977-81 und 1989-91 auch Department Chair. Seit 2008 ist er emeritiert. Publikationen: Kritik des ästhetischen Menschen. Hermeneutik und Moral in Hofmannsthals ‚Der Tor und der Tod‘ (1970), Die Liebe zur Sache. Öffentliches und privates Interesse in Lessings Dramen (1973). Als Mitherausgeber der Kleist-Ausgabe im Deutschen Klassiker Verlag war er für den Kommentar der beiden Dramenbände verantwortlich (1987 und 1991). Er hat zahlreiche Artikel zur deutschen Literatur und Kultur des 18. bis 20. Jahrhunderts veröffentlicht, besonders zu Winckelmann, Lessing, Herder, Schiller, Friedrich Schlegel, Kleist, Heine, Grillparzer, Nestroy, Hofmannsthal und zur Gegenwartsliteratur, zur Ästhetik der Historiographie, zum Konzept der Kulturnation, zur Wissenschaftsgeschichte der German Studies und zu Berlin als Gegenstand interdisziplinärer Forschung. Gastprofessuren führten ihn an die FU Berlin (1992), Stanford University (1994) und USP Sao Paulo (1999). Im Jahr 2010 wurde er in den Vorstand der Gesellschaft für interkulturelle Germanistik (GIG) wiedergewählt.
Leseprobe: 9783895288678.pdf