Die Frage nach moderner Identität betrifft nicht nur die Ich-Entwürfe im Zeichen der Moderne, sondern sie verweist zugleich auf das Projekt der Moderne im ganzen. Jeder Versuch, eine moderne Identität zu konstituieren, wird mit der Frage nach der Identität der Moderne konfrontiert und trägt auf seine Weise zu deren Bestimmung bei.
Das aussichtslose und doch immer wieder unternommene Projekt, die Identität (in) der Moderne herzustellen, wird im Begriff der Krise reflektiert. Die Krise der Modernität ist jedoch weder aus den jeweiligen synchronen Veränderungen der gesellschaftlichen Realitäten zu begründen noch als Epiphänomen einer globalen Modernisierung zu verstehen. Die hier vorgeschlagene archäologische Lektüre moderner Literatur versucht vielmehr, hinter den rekurrenten Motiven des Identitäts-Themas die Differenz heterogener Problemkonstellationen aufzudecken.
Der vorliegende Band, Ergebnis einer Kooperation französischer und deutscher Germanisten, unternimmt in interpretativen Fallstudien und diskurskritischen Analysen den Versuch einer Rekonstruktion kritischer Fälle von Modernität, wobei er sich nicht mit der Auskunft begnügt, das Identische der Moderne sei eben ihr Nicht-Identisches.
Christoph Brecht / Wolfgang Fink (Hgg.)
"Unvollständig, krank und halb?"
Zur Archäologie moderner Identität
1996
224 Seiten
kartoniert
ISBN 978-3-89528-160-0
Christoph Brecht, Jahrgang 1959, studierte Germanistik, Theologie und Philosophie in Münster und Tübingen. Wissenschaftlicher Angestellter am Seminar für Neuere Deutsche Philologie der Universität Göttingen.
Wolfgang Fink, Jahrgang 1960, studierte Germanistik und Romanistik in Aachen, Bielefeld, Aix-en-Provence und Rennes. Wissenschaftlicher Angestellter an der Universite Michel de Montaigne, Bordeaux III.