Kühn, Renate (Hg.): Doppelter Durchgang

Artikel-Nr.: 978-3-89528-823-4

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Der Titel des vorliegenden Bandes ist wörtlich zu nehmen: Einem ersten, ‚einfachen Durchgang‘, der den beteiligten Literaturwissenschaftlern im Januar 2009 in Form eines Privatdrucks zur Verfügung gestellt wurde, folgte im November desselben Jahres ein ‚zweiter Durchgang‘, diesmal in Form eines Symposions. Konkret hieß dies, dass die am ‚ersten Durchgang‘ Beteiligten eingeladen wurden, die eigene Arbeit einschließlich der dafür getroffenen Textauswahl im Abstand von z.T. mehreren Jahren nochmals zu reflektieren und sich dem Autor, das Untersuchungsfeld vertiefend oder aber erweiternd, erneut zu nähern.

Am Symposion nahm – im Wissenschaftsbetrieb eher unüblich – auch der Autor teil. Im Gespräch mit Friedrich W. Block äußerte Rühm sich zu seinen poetologischen Texten – diese gleichsam im Zustand des Verfertigens vorführend –, zur Notwendigkeit von Kontextwissen (Stichwort ‚Kommentarbedürftigkeit‘), zu Missverständnissen im Bereich der Rezeption, zum Zusammenhang zwischen seinen Editionsprojekten und seiner eigenen künstlerischen Arbeit, seinem ambivalenten Verhältnis zu Literaturwissenschaft und Literaturkritik und – natürlich! – zur Wiener Gruppe. Ein Zusammenschnitt des Gesprächs ist diesem Band als CD beigegeben.

Der hier vorgelegte Doppelte Durchgang enthält Einzeltextanalysen zum literarischen Werk Gerhard Rühms, ergänzt durch zwei typologisch orientierte Untersuchungen zum intermedialen neuen Hörstück und Rühms Poetologie. Zeitlich umfasst das Spek­trum der behandelten Texte gut drei Jahrzehnte mit einem deutlichen Schwerpunkt auf dem Frühwerk.



Der 1930 in Wien geborene Gerhard Rühm gehört nicht nur zu den wesentlichen Exponenten der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, sondern ist im „gegenwärtigen kulturkritischen Diskurs längst zur Legende stilisiert“ (Melitta Becker).

Bereits in den 1950er Jahren trug er als Mitbegründer und späterer Chronist der Wiener Gruppe entscheidend dazu bei, nach der autoritär-rückwärtsgewandten Literatur- und Kunstpraxis der NS-Zeit zum einen an die Errungenschaften der historischen Avantgarden – insbesondere des Expressionismus, der Wortkunst des Sturm, der Dada-Bewegung und der Konstruktivisten – anzuknüpfen, zum andern aber an die Tradition des Manierismus und der Barocklyrik, deren verborgene, von der Literaturwissenschaft bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts verkannte Modernität allererst freizulegen war.

Nach dem Ende der Wiener Gruppe gelang es Rühm, ein eigenes, unverwechselbares künstlerisches Profil zu entwickeln, ohne das die Geschichte der deutschsprachigen Literatur der Nachkriegszeit nicht mehr geschrieben werden könnte – der Autor Gerhard Rühm ist ein Stück lebender Literaturgeschichte und ein hinreißender, vor Geist und Witz sprühender Vermittler der von ihm gelebten Erfahrung. Dabei suchte und sucht er bis heute die Grenzen zwischen Literatur, bildender Kunst und Musik auf seine spezifische, sehr entschiedene und konzeptuell hochreflektierte Weise auszutesten, indem er sie verschiebt, ins Extreme führt und schließlich synästhetisch im multimedialen Gesamtkunstwerk verschmelzen lässt.

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